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Werbliche Totenehrung

Rheinbahn

Rheinbahn

Nicht nur, daß in Düsseldorf zahllose chinesische, koreanische, vietnamesische und thailändische Mitbürgerinnen und Mitbürger leben, um nur eine Auswahl an Nationen mit buddhistischem Hintergrund zu nennen — Düsseldorf hat auch die größte japanische Gemeinde in Europa. Menschen, die mit Stäbchen essen, sind hierorts fast so häufig anzutreffen wie in San Francisco oder Asien ;-), und daß Stäbchen nicht ins Essen gesteckt gehören, wissen so gut wie alle.

Denn: »Auf keinen Fall darf man Eßstäbchen senkrecht in einer Reisschale stecken lassen. Dies findet nur bei Trauerzeremonien statt, um Verstorbener zu gedenken.« Dies rät nicht nur der Wikipedia-Eintrag zu Eßstäbchen, sondern praktische jede Website, die sich überhaupt dem Thema Essen & Asien widmet.

Alle? Nein! Eine von wichtigen Werbetreibenden bewohnte Agentur hört nicht auf, diesem Wissen Widerstand zu leisten. Die Fensterkleber-Kampagne der Düsseldorfer Rheinbahn/VRR zum »Ticket, das sich teilen läßt« bildete ein Schälchen Reis mit zwei senkrecht darin steckenden Stäbchen ab und dazu zwei Europäer, die jeweils nach einem der beiden Stäbchen greifen. Textelement, sinngemäß: »Manche Dinge kann man nicht teilen. Unser Ticket schon.« Die Blicke der Japanerinnen und Japaner in den Linien nach Oberkassel zu beobachten, wäre durchaus erheiternd gewesen, wenn es nicht so peinlich gewesen wäre. Denn wenn es um Werbeagenturen und Kulturrecherche geht: Da gibt es leider jede Menge Wissen, das sich offenbar nicht teilen läßt.

Disclaimer
Woran Werber zu allen Zeiten und mit wachsender Begeisterung ihr intellektuelles Mütchen kühlen, ist die Werbung anderer: ein Unterfangen, für das ich — milde gesagt — Vorbehalte hege. Denn weder kenne ich die Werbeabsicht, noch die Zielgruppe, noch den Erfolg, die diese Werbung hat. (Und mit »Erfolg«, das dürfte klar sein, sind nicht Kreativpreise gemeint.) Aber es gibt eine Reihe von offensichtlichem Blödsinn, der aus Faulheit entsteht: Der Faulheit, etwas gründlich zu recherchieren und der Faulheit, ein Anliegen präzise auszudrücken. Dies sind die Dinge, die hier in Killed by Copy von Zeit zu Zeit aufs Korn genommen werden.
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