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Gastbeitrag: Krise contra Knast: 10 Jahre Erfahrung und der Super-Manager?

General Manager

Hi. Ich bin Miriam und werde mal Managerin. Wenn ich dort erst mal angekommen bin, dann kann mir nichts mehr passieren. Manager sind ja so in der Art unkündbar. Wollen die einen mich nicht mehr, nehmen mich die anderen eben. Ja, und ich war ja vorher in diesem und jenem bekannten Unternehmen schon als Manager tätig. Die sind dann plötzlich untergegangen. Komisch. Egal, ich habs drauf. Meine Taktik zur Rettung eines Unternehmens ist übrigens immer die gleiche: Feuern. Alles muss raus. Hat immer ziemlich gut geklappt – für die kurze Zeit immerhin, wo ich da war, ist jedes Unternehmen geradezu aufgeblüht!

Miriam Schneider

Krise contra Knast: 10 Jahre Erfahrung und der Super-Manager?

Ein Gastbeitrag von Miriam Schneider

Dieses Verhalten ist leider in der heutigen Zeit häufig anzutreffen. Manager wechseln die Unternehmen wie ihre Unterwäsche. Es findet kaum noch Identifikation mit dem Unternehmen statt und somit auch kein Interesse am nachhaltigen Umgang mit dem Unternehmen – an Krisen- und Sanierungsmanagement.

Ein Beispiel für schlechten Umgang mit einer Unternehmenskrise ist Quimonda. Der Chiphersteller meldete im Jahr 2009 die Insolvenz an. Schon im Jahr zuvor wusste das Unternehmen um seine schlechte finanzielle Lage, die durch den massiven Preisverfall für Speicherchips auf dem Weltmarkt ausgelöst wurde. Die erste Reaktion des Managements war die Schließung mehrerer Standorte und die damit verbundene Kündigung von mehr als 20 % der Mitarbeiter – keine der Situation angemessene Rettungsmaßnahme und daher auch nicht erfolgreich.

Ist die Krise im Unternehmen erst da und die Insolvenz kündigt sich an, ist es häufig schon zu spät für eine gelungene Sanierung des Unternehmens. Jetzt werden kurzfristige Maßnahmen getroffen, die für kurze Zeit die Unternehmenszahlen wieder hochreißen. Das muss jedoch nicht zwangsläufig so sein. Die Krise muss nicht zum Ende der unternehmerischen Handlungsfähigkeit führen – sie beinhaltet immer die Möglichkeit zu einer positiven Wende. Selbst bei einer akuten Krise ist noch Raum für langfristiges Denken.

Ein Beispiel für gelungenes Krisenmanagement ist die Lufthansa Cargo. Als sich bei der Frachtlinie 2009 die Krise ankündigte, verzichtete man auf Kündigungen. Stattdessen zogen alle gemeinsam an einem Strang, indem die Mitarbeiter freiwillig in die Kurzarbeit gingen. So wurden herbe Umsatzeinbußen effektiv und ohne Langzeitschäden ausgeglichen.

Der Ausblick auf die nächsten zehn Jahre lässt also vorsichtig hoffen. Es gibt sie, die Manager der großen Unternehmen von heute, die aus den Fehlern der (beinahe) untergegangenen Vorgänger lernen und sich auf die wichtigen Werte wie Treue, Anstand und Nachhaltigkeit besinnen.

Best-Case in zehn Jahren wäre natürlich ein deutlich besseres Verhältnis von Managern und Unternehmen: Der Manager arbeitet sich im Unternehmen hoch, kennt dieses von Grund auf und identifiziert sich mit den Vorgängen und Entwicklungen. Daraus resultiert, dass er nicht mehr mit riesigen Abfindungen von Unternehmen zu Unternehmen springt, nur um kriselnde Betriebe durch schlecht durchdachte Maßnahmen, wie die Kündigung von 80% der Belegschaft, kurzfristig wieder auf den Damm zu bringen, aber langfristig zu ruinieren. Im Gegenteil: Er weiß um die Wichtigkeit der Mitarbeiter und kündigt sie nicht vorschnell, nur weil sich durch Personal am schnellsten Kosten senken lassen. Nein, der Manager von morgen bekommt auch dann weiterhin Kredite von den Banken, wenn er niemanden kündigt. Immerhin glauben die Banken von morgen an den Unternehmergeist und nicht nur an Profit. Der Manager setzt sich außerdem persönlich für die Rettung des Unternehmens ein und scheut sich nicht, seine Strategien je nach Situation zu ändern und individuell an die jeweilige Situation anzupassen. Und natürlich sind die Hälfte aller Manager von morgen in gehobenen Positionen Frauen. Und abends reiten wir alle auf unseren schwarzen 4-Wheel-Drive-Rössern gen Sonnenuntergang zu unseren Familien mit 1,3 Kindern – oder auch nicht, weil wir zwar reich sind, aber zur Familiengründung in der 70-Std.-Woche kein Platz war. Und die Couch im Konfi tuts auch. Gute Nacht.

Zu viel wollen wir dann mal nicht erwarten für in zehn Jahren. Dass der Worst-Case ausbleibt allerdings schon. Dieser wäre, dass sich grundsätzlich nichts ändert: Einigen Unternehmen ist die Wichtigkeit von umfassenden Planungs- und Kontrollmechanismen zur Verhinderung von Krisen bewusst, sie kennen sogar die rechtlichen Folgen für fehlendes Krisen- und Sanierungsmanagement – halten aber größtenteils ängstlich an alten Konzepten fest. Krise zugeben? Dann lieber Knast riskieren. Wie soll man auch dem Geldgeber erklären, dass die vielen kleine Einzelbaustellen unter Umständen verknüpft sind? Immerhin sitzt den Banken das Geld seit der Finanzkrise auch nicht mehr locker und das Vertrauen in die Fähigkeiten von Managern wurde dadurch sicherlich nicht besser.

Am realistischsten von allen Zukunftsszenarien und zu erhoffen für die Zeit in zehn Jahren wäre jedenfalls ein generelles Umdenken von allen, die an Managementprozessen beteiligt sind. Es ist wichtig, dass zuallererst erkannt – und anerkannt – wird, dass Probleme im Unternehmen keinesfalls persönlicher Makel des Managers sind. Bisher führt diese Einstellung dazu, dass die Krise vertuscht oder, schlimmer noch, ignoriert wird – so lange bis die eigenen finanziellen Mittel soweit aufgebraucht sind, dass das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, sich mittelfristig am Laufen zu halten. Dies ist jedoch in der heutigen Zeit die einzige Möglichkeit, das Unternehmen vor der Insolvenz zu schützen und die Sanierungsfähigkeit zu erhalten.

Der Manager ist weder Superheld, noch Sündenbock – als was er gerne gesehen wird. Er trägt aber zu viel Verantwortung, um seine Strategien nicht genau zu wählen, taktisch klug vorauszublicken und vor sich selbst und anderen rechtzeitig seine Fehler einzugestehen. Ich appelliere an langfristiges Denken vor schnellen Lösungen! Pro Charakter und Persönlichkeit! Damit mir mein späteres Manager-Ich gerade in die Augen blicken kann.

Bildnachweis:
General Manager von The Sunday Times

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3 Responses

  1. Wow:

    (This is for Groupon employees, but I’m posting it publicly since it will leak anyway)

    People of Groupon,

    After four and a half intense and wonderful years as CEO of Groupon, I’ve decided that I’d like to spend more time with my family. Just kidding—I was fired today. If you’re wondering why… you haven’t been paying attention. From controversial metrics in our S1 to our material weakness to two quarters of missing our own expectations and a stock price that’s hovering around one quarter of our listing price, the events of the last year and a half speak for themselves. As CEO, I am accountable.

    You are doing amazing things at Groupon, and you deserve the outside world to give you a second chance. I’m getting in the way of that. A fresh CEO earns you that chance.

    Ein neuer Trend oder die Ausnahme, die die Regel bestätigt? Wir werden sehen!

  2. Aus aktuellem Anlaß: Die Schweiz. Mehr, mehr, mehr — bis es knallt.

  3. Was meiner Meinung nach definitiv für die Zukunft eine mittlere Revolution durchlaufen wird, ist das Verständnis von – du sprachst es im Post an – »Unternehmergeist«. Was so manch alteingesessener Manager vielleicht als Deformation eben dieses Geistes empfinden mögen wird, wird künftig erfolgsbestimmend sein.
    Denn, worauf auch das Groupon-Beispiel verweist, ist Management der Zukunft mehr als nur das Management von Unternehmen – es ist auch und vor allem das Management von Stakeholdern.
    Die Veränderungen hinsichtlich der Anforderungen an Führungspersonen, so lässt sich vermuten, werden praktisch einen natürlichen Ausleseprozess der aktiven Manager zur Folge haben. Eines wird der Übergang in die neue Ära des Managements dabei sicherlich nicht: sanft.