Nein, hier schreibt nur der Automat.
Ungefähr jede halbe Stunde wird zur Zeit bei Fitness First, dem Fitnessstudio meines Vertrauens, über die Lautsprecher eine Werbesendung durchgenudelt, in der mir eine weibliche Stimme von ihrer durch einen Unfall jäh, doch dank ERGO nur für acht Monate, unterbrochenen Karriere als Schauspielerin erzählt.
Obwohl die Copy von der ersten bis zur letzten Silbe unterirdisch ist (vielleicht schaffe ich es mal, sie mitzuschneiden), hat sie einige besonders schöne Tiefen.
Insbesondere hier:
Vor zwei Jahren hatte ich eine Reitunfall, dabei habe ich mir die Wirbelsäule gebrochen. Das traf mich völlig unvorbereitet.
Im Gegensatz zu all den anderen Menschen, die sich auf den Bruch ihrer Wirbelsäulen sorgfältig vorbereiten. Aber halt, nicht nur das! Zu ihrer völligen Unvorbereitetheit gehörte auch ein ERGO Unfallschutz mit AktivHilfe und RehaHilfe für professionelle Betreuung nach einem Unfall zur Wiedererlangung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit durch umfangreiche Fitness- und Reha-Maßnahmen.
Manche Menschen schauen einfach unglaublich weit voraus.
Woran Werber zu allen Zeiten und mit wachsender Begeisterung ihr intellektuelles Mütchen kühlen, ist die Werbung anderer: ein Unterfangen, für das ich — milde gesagt — Vorbehalte hege. Denn weder kenne ich die Werbeabsicht, noch die Zielgruppe, noch den Erfolg, die diese Werbung hat. (Und mit »Erfolg«, das dürfte klar sein, sind nicht Kreativpreise gemeint.) Aber es gibt eine Reihe von offensichtlichem Blödsinn, der aus Faulheit entsteht: Der Faulheit, etwas gründlich zu recherchieren und der Faulheit, ein Anliegen präzise auszudrücken. Dies sind die Dinge, die hier in Killed by Copy von Zeit zu Zeit aufs Korn genommen werden.
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Ergo nervt mit allem, was deren Agentur Aimaq & Stolle seit sechs Wochen fabriziert; Ende Juli hatte ich schon etwas Kurzes dazu geschrieben ( http://www.facebook.com/note.php?note_id=450356626809 ). Als herauskam, dass der ganze Spot ein Rip-off von Szenen aus “High Fidelity” ist, war für mich der Ofen ganz aus ( http://www.ftd.de/lifestyle/outofoffice/:out-of-office-ergo-werbung-original-und-faelschung/50163263.html ).
Mittlerweile geht mir schon das blutrote leberförmige Logo von Ergo auf den Sack. Nachdem das gewollt lässige Testimonial-Model, das den Stempel “cooler Hamburger Szenegänger” so ostentativ auf der Stirn trug, ausgedient hat, haben sie jetzt eine Art listigen Autoverkäufer-Schwejk ins Rennen geschickt. Und wieder ist die Penetration enorm: Egal ob im TV oder auf den großen Nachrichtenportalen im Netz – überall muss ich mir jetzt was von “Informationströpfchen” erzählen lassen. Der Aufruf zur Identifikation ist so widerwärtig ranschmeißerisch, dass ich inzwischen Gewaltfantasien habe. Wenn Schwejk am Ende des 30-Sekünders auf der Treppe seines Traumhäuschens sitzt und mir den letzten Spruch reindrückt (“Will wissen, was wichtig für mich und nicht, was richtig für Euch ist”), dann möchte ich ihn mit Gebrüll von den Stufen stiefeln.
Dabei ist der First-Person-Ansatz in dieser Kampagne noch verblasener als bei der Stayfree-Kampagne. Warum soll ausgerechnet ich mich als Zuschauer von den bezahlt Genervten anmachen lassen?! Bin ich zuständig für das CRM von Ergo, oder was?
»Bei Ergo sieht man den Erfolg des eigenen Werbefeldzugs hingegen ungefährdet – ›eben weil es sich nicht um eine bloße Kopie handelt‹, heißt es.«
Yeah, right.