Sagt ein Bild, wie dies vom WWF, tatsächlich mehr als 1000 Worte, würde Copy in der Tat nur stören. Aber Schlüsse zulassen zur Überlegenheit hinsichtlich Verweildauer und Aufmerksamkeitsstärke tut dies nicht.
Wenn generell gälte, daß Bilder mehr als 1000 Worte sagen, wäre Sprache ein bloßes Addendum zu unserer evolvierten Fähigkeit, mit Stift und Pinsel zu kommunizieren. Tatsächlich ist die Fähigkeit, Geschichten mit Bildern zu erzählen, alles andere als angeboren, wie auch der kürzlich von Patrick Breitenbach verlinkte Vortrag von David Griffin nahelegt. Und nicht nur das: Selbst für die Allerbesten gilt, daß eine Geschichte oft erst durch die Reihung oder das Gegenüberstellen mehrerer Aufnahmen oder Bilder entsteht. Des weiteren wage ich zu bezweifeln, daß Bilder in der Werbung ohne zusätzliche Effekte von Farbgebung bis Schockeffekt (im WWF-Bild beides: monochrome Farbstimmung plus Blut) in irgendeiner Form mehr Aussicht haben, Leute aus ihrer Lektüre »herauszuwinken« und sie bei der Anzeige zu halten, als eine gute Headline, die in den ersten Absatz und von da aus in die Copy führt.
Die »Flagge«, die auf einen interessanten Text verweist, ist die Headline und der erste Absatz, gut, jaja, das wissen wir. Aber das will gelernt, geübt, gekonnt sein und getestet und geprobt — ebenso wie die Copy, die dem folgt. Das ist anstrengend. Viel bequemer ist es zu behaupten, daß Leute keine Texte lesen und ihnen sowieso die Zeit dazu fehle. Um dann das Texten mit dem Gestus des Informiertseins zu verwerfen und sich lieber in »Konzeption« zu üben. Irgendwie sind 95 % aller deutschen Texter keine Texter, sondern Konzeptioner. Kein Wunder.
Gerade gute Long Copy wird gelesen und verkauft das Produkt, im englischen Sprachraum genauso wie im deutschen, und übertrifft, gleiches Qualitätsniveau vorausgesetzt, regelmäßig Short Copy in Tests, und das gilt sogar für die Interwebs. Schwierig daran ist nur das »gut«. Überhaupt, was ist das für ein idiotisches Argument, gerade oft zu hören im Bereich von Printanzeigen, daß Leute keine Lust und keine Zeit hätten zum Lesen? Lesen ist exakt das, was die Leute gerade tun, wenn sie auf eine Printanzeige stoßen!
Und mal ehrlich. Ich lasse es selten aus, in Zeitschriften und Magazinen herumzulesen, und was sich da an redaktionellen Inhalten findet, spottet so oft jeder Beschreibung, daß es für gute Texterinnen und Texter die leichteste aller Übungen wäre, mit einer guten Flagge und einer interessanten, spannenden, persönlichen und informativen Copy die redaktionellen Inhalte zu übertrumpfen.
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Texter bzw. Menschen, die beruflich und/oder aus Leidenschaft schreiben, (so auch ich) wünschen sich natürlich eine allgegenwärtige Bereitschaft der Verbraucher und Menschen, Muße und Aufmerksamkeit auch für längere Textzusammenhänge mitzubringen.
Eine gute Text-Headline als „Flagge“ kann – je nach Case – durchaus ähnlich aufmerksamkeitsstarke Wirkung haben wie ein Bildmotiv, wenn sie denn „richtig gut“ ist. Stimmt und wollte ich auch nie bestreiten. Am besten kombiniert man beide Welten allerdings zu einem „verschmolzenen Ganzen“ – wenn es passt.
Tatsächlich haben Text und Sprache im “Conversational Marketing” eine zunehmend wichtige Bedeutung, was wir im Werbeblogger ja auch immer hervorheben.
Bei TV-Spots und auch Print Werbung reduziert sich diese Sprache allerdings deutlich, was dem Medium und seiner Aufgabe in der Werbung geschuldet ist. Ein Zeitungsleser ist zwar sicherlich im „Lesemodus“, aber alleine deswegen auf hohe Lesebereitschaft von Anzeigentexten zu schließen, liegt dann wohl eher an unserer „deformation professionelle“ ;-), auch wenn wir gelegentlich mit einer guten longcopy den redaktionellen Teil übertrumpfen. Aber wer will in so einem Medium schon werben?!
Ja, die « deformation professionelle » spielt sicher mit, LOL! Aber die Geschichte der Long Copy zeigt mit fast schon ermüdender Regelmäßigkeit, daß Menschen mit der richtigen Headline/Visual/Copy-Mischung tatsächlich in Massen dazu zu bewegen sind, irrsinnig lange Anzeigentexte zu lesen und der Handlungsaufforderung nachzukommen.
Und ja, ich würde in Magazinen und Zeitungen werben wollen! :-) (Ausgenommen, versteht sich, in jenen uns allen wohlvertrauten Publikationen mit surrealem Preis-Leistungs-Verhältnis.) Special Interest Magazine (im weitesten Sinne) auf jeden Fall. Breitbandigere Magazine und Zeitungen dann, wenn eine Schrotflinten-Attacke nachweislich sinnvoll & nützlich ist.
TV-Spots, klar, sehe ich auch so. Hier sind es die Bilder, die die Geschichte erzählen sollen — auch bei abgeschaltetem Ton. Aber Lesemodus ist Lesemodus, und ich denke, Texterinnen und Texter, die die nötige Mischung aus Leidenschaft & Technik mitbringen, sollten hier deutlich mehr Selbstvertrauen haben … :-)