Was der Kaloriengehalt von Muffins oder Hamburgers mit Werbebotschaften zu tun hat und warum Aufmerksamkeit noch keinen Umsatz macht.
Im Frühjahr 2008 trat in New York City ein Gesetz in Kraft, das Restaurantketten mit landesweit 15 oder mehr Filialen dazu verpflichtet, ihre Lebensmittel mit Kalorienangaben zu versehen. Und zwar in derselben Schrifttype und Schriftgröße wie der Preis. Der “sticker shock” ließ nicht lange auf sich warten.
Wer würde beispielsweise damit rechnen, daß der Chocolate Chip-Muffin zum Kaffeepäuschen im Dunkin’ Donuts Store solide 630 Kalorien unter der Haube hat? Der Cheeseburger plus Pommes Frites mit 1290 Kalorien, das überrascht nur wenig. Dann doch lieber einen gesunden Salat mit Pekannüssen, Puten- und Mandarinenstückchen mit, uh, 1360 Kalorien?!
Die Ziele dieser Maßnahme waren hoch gesteckt: Die Anzahl der fettleibigen New Yorker in den folgenden fünf Jahren um 150.000 zu verringern und 30.000 Fälle von Diabetes zu vermeiden.
Und wie gut hat das funktioniert? Nun, Umfragen, zu denen ich gleich noch komme, stellten bezüglich der Awareness der Gäste um die Kaloriengehalte ihrer Speisen einen Anstieg von 16% auf 54% fest. Dazu Bob Bly:
Here’s a no-brainer copywriting technique that works like gangbusters:
If you want someone to read and pay attention to your copy, put that copy in LARGE BOLDFACE TYPE.
When a law required NYC fast food restaurants to post the calorie content of meals on signs in larger type, the number of customers aware of the calories in burgers and other fast food went from 16% to 54%.
Nun die Umfragen. Da gab es eine von der Food Service Consultancy Technomic, zitiert Business Wire (nicht mehr online), daß 86 % aller New Yorker Kettenrestaurantbesucher über die hohen Kalorienanteile überrascht gewesen seien und 90% den Kaloriengehalt der Lebensmittel unterschätzt hätten. 82 % bzw. 60 % sagten, die Kalorienangaben hätten ihre Bestellungen bzw. ihre Wahl des Restaurants beeinflußt. Klingt super! Ein bißchen zu super im Vergleich zu den genannten Awareness-Zahlen, aber nun gut. Super klingt auch eine großangelegte Studie des New York City Department of Health and Mental Hygiene, detailliert zitiert in USA Today.
Aber alle, die nicht täglich das Kool-Aid von Pressemeldungen und Agenturpräsentationen trinken, wissen: Selbstaussagen ist nicht ohne weiteres zu trauen. Und dabei meine ich in diesem Fall sowohl die Selbstaussagen der Befragten, als auch die der gesetzesverantwortlichen und studiendurchführenden Behörde.
Eine Studie der New York University School of Medicine vor und nach Inkrafttreten des Auszeichnungsgesetzes — mit Kontrollgruppen in New Jersey, wo das Gesetz nicht gilt — deutete dagegen darauf hin, daß der Gesamtkaloriengehalt von Bestellungen bei Burger King, Kentucky Fried Chicken, McDonald’s und Wendy’s in “low-income neighborhoods with high minority populations” nach Inkrafttreten des Gesetzes sogar leicht angestiegen war!
Dazu weiter Bob Bly:
But big bold graphics apparently do not increase persuasion […] To improve persuasion in copy, you need to change the words, not just the size of the words.
Genau da mag das Problem im Junk Food-Fall auch liegen. Denn ums Überzeugen geht es nicht: Die Regierung soll nur sicherstellen, daß alle Informationen verfügbar sind. New Yorker Bürgermeister Bloomberg:
[T]hat’s the government’s job—to make sure that the public has information. But once again, this is America and you have a right to eat what you want to eat.
Auch wenn Werbung im allgemeinen und Copy im speziellen weniger auf das Bereitstellen von Informationen fokussiert sind, um es milde auszudrücken, haben sie mit der New Yorker Kalorienauszeichnungsaktion eines gemein: Aufmerksamkeit ist noch kein Handeln, Wissen macht noch keinen Umsatz.
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