Die fünfstufige Kreativitätstechnik, von James Webb Young in der 30er Jahren zusammengestellt und erst in den 60ern als A Technique for Producing Ideas veröffentlicht, durchzieht werbliche Kreativitätstheorien und -techniken seitdem ungebrochen.
Die ersten beiden Schritte sind das Sammeln des Materials und die Beschäftigung damit. Dann kommt der dritte Schritt:
In this third stage you make absolutely no effort of a direct nature. You drop the whole subject and put the problem out of your mind as completely as you can.1
Das sollte bekannt sein: während der »unbewußten« oder »unterbewußten« Beschäftigung mit dem Material reifen Ideen, die dann in der vierten und fünften Stufe ans mentale Tageslicht gelangen, um dort ausgearbeitet und umgesetzt zu werden. Dieser dritte Schritt ist, in welcher Form auch immer, seitdem in fast jeder »Anleitung zum Kreativsein« vertreten — egal, wieviele Stufen oder Schritte postuliert werden oder welche psychologischen Mechanismen im Einzelnen angenommen werden. Nicht ohne Grund. Zahllose Anektoden und eigene Erfahrungen legen nahe, daß an diesem postulierten Prozeß wirklich etwas dran ist. Das Problem war nur, daß bei entsprechenden Studien und Versuchen unter kontrollierten Bedingungen sich dies bislang nie so recht nachweisen lassen konnte.
Aber, Studien–Schmudien, seither haben Kreative auf der Suche nach Text- und Design-Ideen dies stets als ideale Ausrede benutzt, um spazierenzugehen, fernzusehen, zu flippern oder in die Gegend zu dösen, bis die Idee durchs Fenster kommt. Natürlich mache ich nur Spaß.
Doch Spaß oder nicht, die Ausrede hat ausgespielt. Denn die »Inkubationstheorie«, wie sie auch genannt wird, steht mittlerweile auf etwas sichereren Füßen.
Chen-Bo Zhong, hier im Gespräch mit Jonah Lehrer, hat zusammen mit Ap Dijksterhuis und Adam Galinsky Studien durchgeführt, die darauf hindeuten, daß der Effekt nicht dann eintritt, wenn wir abschalten und uns entspannen, sondern wenn wir statt dessen auf ein anderes Thema oder eine andere Arbeit fokussieren:
In our study, we manipulated unconscious thought by distracting participants from the task at hand and focusing them on a different, very cognitive demanding task. Thus, to harness the benefits of unconscious thought, one does not need to lose conscious focus. The key is to focus on an unrelated task while still keeping the goal of resolving the original problem.
Es gibt noch mehr und noch komplexere Faktoren und insbesondere das Problem, die unbewußt gewonnenen Ideen ins Bewußtsein zu überführen (dazu gibt Zhong eine schöne Computer-Metapher: die Anwendung hat das Problem gelöst, aber irgendwas stimmt mit dem Druckerkabel nicht LOL).
Also nichts mit Dösen & Entspannen. Der Trick ist, nach der Zündung von Stufe 3 auf eine andere harte Nuß zu fokussieren! :-)
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