Neulich schrieb ich über die Frage, ob Bild-Zeitung und Fernsehen als Pflichtprogramm für Werbetreibende anzusehen seien, und empfahl, es nicht zu übertreiben. Schließlich ist es ja auch nicht nötig, zur Auffrischung vorhandener Kenntnisse über ABC-Schutzausrüstung täglich durch tränengasgeflutete Röhren zu kriechen; einmal im Jahr reicht hier wie dort vollkommen.
Eine andere Frage ist, wieviel Berufserfahrung ein Texter oder eine Texterin mitbringen sollte jenseits des Schreibens und Studierens. (Ja, Studieren ist auch eine Art Beruf. Nur über die Bezahlung müssen wir uns noch mal unterhalten.) Ab und zu höre ich Kandidatinnen und Kandidaten hemdsärmelig bekunden, wie sehr sie bereits »Erfahrung« sammeln und in Lutherscher Tradition dem Volk aufs Maul schauen konnten im Rahmen einer Reihe von McJobs.
Nonsens.
Nicht, daß sich im Rahmen dieser Jobs nichts lernen ließe über Menschen und Kommunikation, im Gegenteil. Aber Dabeisein ist auch hier nicht alles. Wer etwas lernen will, muß aktiv beobachten und analysieren. Ich habe Einzelne gekannt, die das auch taten — die sich nach einem Arbeitstag voll Hamburgerwenden hinsetzten und Notizen machten über Hierarchien und Verhaltensweisen, Verständnisse und Mißverständnisse, Motive und Motivationen, Sehnsüchte und sprachliche Eigenheiten. Oder die von vierzehn Stunden Nahverkehr oder Stückgut auf dem LKW zurückkamen und Ideen für Kurzgeschichten in die Tasten hackten und/oder über Logistik, Zeitmanagement oder die “social skills” reflektierten, mit denen sich Leute in ihren Mittagspausen zur Kooperation bewegen lassen. (Wer das schafft, sollte Staubsauger verkaufen können.)
Aber diese Menschen sind die Ausnahmen und nicht die Regel. Die meisten haben einfach bloß gejobbt und dabei weniger gelernt als selbst das »geschulte Fachpersonal«, das zunehmend nur an Sprichwortqualität gewinnt. Um den Unterschied herauszufinden, gibt es eine Zauberformel: »Geben sie mir ein, zwei Beispiele, wie diese Erfahrungen [Ihr Arbeiten an Texten | Ihren konzeptionellen Ansatz] verändert oder beeinflußt haben.« Das kann sehr spannend werden und hat den Vorteil, daß der Unterhaltungsfaktor umso höher ist, je fauler die Eier sind, die sich mit ihren Antworten auf diese Fragen selber in die Pfanne hauen.
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