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Des Schreibers Selbstverständnis. Teil II: Schreiben == Technik

How Not to Be a Hack

How Not to Be a Hack

Zu den auffälligeren Kinnladenbeschwerern in der Mörderfackel, dem sogenannten Lehrbuch der Texterschmiede Hamburgs, gehört die Unfähigkeit einiger der besten Texter Deutschlands, drei Wahlmöglichkeiten in der Frage »Siehst Du Dich als Handwerker, Techniker oder Künstler?« wahrzunehmen. Die Reaktionen reichen vom Skurrilen bis zum geometrisch Virtuosen.

Als Schreiber habe ich mich noch nie als Künstler verstanden und auch noch nie als Handwerker.

Warum ich mich nicht als Künstler verstehe, ist rasch umrissen. Ich mache keine Kunst! Und das betrifft alle drei Felder, in denen ich schreibe — werblich, kreativ, akademisch. Nein, auch im kreativen Bereich nicht. Zum einen schreibe ich am liebsten Genre und dort wiederum am liebsten Science Fiction oder Thriller, zum anderen schreibe ich am liebsten, um zu unterhalten und um zu verkaufen. Ich muß meine Sachen auch nicht gedruckt sehen, um die Welt mit meinen tollen Ideen und Neurosen vertraut zu machen. Ich kann Angebote von Verlagen ausschlagen oder schleifen lassen. Besonders dann, wenn das Dreiecksverhältnis Kohle-in-Prozenten, Renommee des Verlags und Wer-behält-welche-Rechte-für-wie-lange mir nicht ausgewogen erscheint. Bei insgesamter Ausgewogenheit bin in bei jedem dieser Punkte käuflich. Das Projekt, das ich im Moment in Arbeit habe, werde ich zum Beispiel als erstes Tor anbieten. Wenn ich dort Interesse wecken kann, sind mir die Rechte nur noch halb so wichtig und die Prozente erst mal schnurz. Ich nix Kunst. Ich andere Schwerpunkte.

Warum ich mich als Techniker verstehe, ist ebenfalls rasch umrissen. Praktisch alles, mit dem ich je gedrillt wurde, ist Technik. Schreibtechnik. Kreativ, werblich, akademisch. Ja, akademisch ebenfalls — wenn in diesem Fall auch selbstgedrillt. Fachbücher zum Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten nehmen in meinen Bücherregalen ausreichend Raum ein.

Warum ich mich schließlich als Techniker, aber nicht als Handwerker verstehe, ist auch nicht übermäßig kompliziert. Als Werbe-, Genre- und Akademiaschreiber gleichermaßen ist es mein Ziel, den Text als solchen so gut wie möglich unsichtbar zu machen. Botschaft, Thrill, Argument ist, was gelesen und gesehen werden soll. Die ganze lexikalische Tüftelei, syntaktische Löterei und rhetorische Verdrahtung soll am Ende gar nicht wahrgenommen werden. Als ich klein war, war mein persönlicher Held in der klassischen TV-Serie Mission: Impossible immer Barney.

Handwerk dagegen ist sichtbar. Schön gedrechselt, schief verschraubt, Klempner-Dekolletés, das ganze Programm.

Texte sind für mich im großen und ganzen wie die zahllosen Computer und diversen Netzwerke, die ich im Laufe der Jahre zusammengebaut und aufgesetzt habe: am schönsten ist es, wenn ich fertig bin und alles läuft und allen Spaß macht; wenn die Technik in formschönen Gehäusen verschwindet und hinter geschmackvollen Verkleidungen; wenn niemand mehr sieht, was ich da eigentlich gewerkelt habe.

Und die wird gestellt, wenn alles funktioniert.

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