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Christian Wulff, Politik und Pressefreiheit: Deutschland und seine Traditionen

brave new texts

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»Die Presse- und Rundfunkfreiheit ist für den Bundespräsidenten ein hohes Gut. Er hat deshalb zu den Krediten für sein Eigenheim und zu Urlaubsaufenthalten Transparenz hergestellt, Erklärungen abgegeben und mehrere Hundert Medienanfragen beantwortet. Über Vieraugengespräche und Telefonate gibt der Bundespräsident aber grundsätzlich keine Auskunft.«
—Aus einer schriftlichen Erklärung Wulffs vom 2. Januar 2012

Nachdem der mittlerweile zurückgetretenene deutsche Bundespräsident Christian Wulff namhaften Vertretern presseähnlicher Angebote telephonisch mit der Auflösung der Verlobung des guten Verhältnisses gedroht hat, um die Schufa-Auskunft eine Berichterstattung über seine Kredite zu verhindern, gab er nun ein Interview für ARD und ZDF, das »Sperrfristen« unterliegt, aber von einem dieser presseähnlichen Angebote in Auszügen vorab veröffentlicht werden durfte. Schon nicht schlecht. (Das Interview als mp3 gibt es hier auf Netzpolitik.)

Besonders aufgefallen ist mir dieses interessante Sätzchen:

»Der Bundespräsident hat bestritten, er wollte Berichte über sich verhindern. Er habe sie nur aufhalten wollen.«

Diese Verteidigung erinnert mich an einen Satz von Franz Josef Strauß, dem ich vor langer Zeiten in einer Doku zur Spiegel-Affäre begegnete, und das mir seitdem nie wieder aus dem Kopf ging. In der Spiegel-Affäre, wir erinnern uns, wurde versucht, die Pressefreiheit über den Vorwurf des Landesverrats und das Erlassen von Haftbefehlen gegen Redakteure einzuschränken, und das alles unter nicht vollständig gesetzeskonformer »Zusammenarbeit« zwischen Politik und Justiz. Im Rahmen dieser Affaire wurde der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß noch gründlicher als gewöhnlich beim Lügen erwischt, was zu seinem Rücktritt führte. Und hier fiel in einem Interview dieses denkwürdige Zitat:

»Ich habe nicht gelogen, ich habe nur bewußt die Unwahrheit gesagt.«

Es scheint, als gebe es unter Politikern einen argumentativen Trend bei der Rechtfertigung von Angriffen auf die Pressefreiheit, der sich linguistisch beschreiben und kodifizieren ließe.

Zum Abschluß eine Stellungnahme vom bekannten deutschen Mundart- und Brauchtumsforscher Oliver Kalkofe.


Oliver Kalkofe — Die wahre Presseerklärung von Christian Wulff

Enjoy!

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